Gerade als sich der Magier aus dem Spiegelschloss vom seinem verspiegeltem Thron erheben wollte, um wie jeden Abend zum Friedhof zu schlendern und seinen Grabstein zu besuchen, klopfte es zart an seinem Tor. Es war so sanft, das er es erst gar nicht gehört hatte. Doch als er seine schwermütigen Gedanken aus dem Kopf geschüttelt hatte, bemerkte er, dass er es doch gehört hatte. Er ging mit schweren Schritten durch den Thronsaal und öffnete die Pforte. Knarrend natürlich, wie es sich für eine Burgtür gehörte. Vor Ihm stand ein kleiner Junge.
„Was willst du?“ fragte der Magier unwirsch. Der Junge richtete den Blick auf seine Füße hinab. Löcher waren in den abgewetzten Schuhen zu sehen.
„Ich sah Deine Burg leuchten, in der abendlichen Sonne und ein Wetterchen zieht auf. Deshalb wollte ich klopfen und Einlass für die Nacht erbitten.“
Doch der Magier schüttelte den Kopf.
„Ich habe keine Zeit, mich um ein Kind zu kümmern.“ Er drängte den Jungen vom Eingang fort und zog hinter sich die Schlosstür zu. Beide standen nun auf dem Pfad, hinab zur Kreuzung. Der Magier schritt voran und der Junge blickte ihm traurig nach.
„Ihr müsst ein sehr reicher Mann sein, wenn Ihr in solch einer prächtigen Burg wohnt.“
Wieder schüttelte der Magier nur den Kopf. Wandte sich dem Jungen zu.
„Reichtum interessiert mich nicht!“
Der Junge blickte den Mann an und musterte ihn von oben bis unten. Der blaue Spitzhut saß akkurat auf dem Haupt, darunter wellten sich die langen Haare in prächtigen Locken bis über die Schulter. Der volle graue Bart war lang und senkte sich bis zur Brust des Magiers. Der schwere samtige Umhang hing bis zu den Füßen herab und die braunen Stiefel aus Leder waren gut gepflegt und sauber geputzt.
„Hätte ich nur einen Taler, würde ich mir ein warmes Mahl kaufen.“ sagte der Junge. Und der Magier war sich nicht sicher, ob das Grollen aufgrund des nahenden Wetterchens oder des Hungers wegen aus dem Bauch des Jungen kam.
„Es ist spät, kehre Heim und lass dir von deiner Mutter etwas kochen.“ Nun wandte sich der Magier endgültig ab und schritt den Pfad hinab zum Friedhof. Er pflückte sich einen Apfel, wanderte vorbei an den Fledermäusen und setzte sich vor sein Grab. Der Regen prasselte, die Stunden vergingen, sein Geist erschien, sie hielten Smalltalk und er wandte sich, wie immer ab. Ohne eine passende Antwort auf seine Frage bekommen zu haben. Als er an seiner Burg ankam, kauerte der Junge unter dem Torbogen zusammengepresst in einer Ecke um sich vor dem Regen zu schützen. Als er den Magier sah, sprang er auf.
„Ich kann auch arbeiten für Brot und Bett.“ jammerte der Junge. Nun kam der Magier ins Grübeln. Es gab in seiner Burg nichts zu tun. Er brauchte kein Personal.
„Geh zu deinen Eltern, sie werden sich schon um dich sorgen.“ Doch der Junge schüttelte traurig den Kopf. Der Magier verstand ihn wortlos.
„Du darfst die Nacht in einem meiner Zimmer verbringen, wirst mir dafür aber morgen früh eine Frage beantworten.“ Der kleine Junge nickte und folgte dem Magier in das Schloss.